Heribert Ostendorf – Strafprozessrecht – 2. Auflage 2015, UTB/Nomos Verlagsgesellschaft

Das Strafprozessrecht ist in vielen Bundesländern nur für die sogenannte strafprozessuale Zusatzfrage examensrelevant. Vielen Studierenden ist vielleicht höchstens die sehr vezerrte Darstellung bei „Richter Alexander Hold“ oder das Jury-System aus US- amerikanischen Fernsehserien bekannt. Warum es sich lohnt, sich trotzdem auch schon während des Studiums mit der Materie des Strafprozessrechtes vertraut zu machen, will Heribert Ostendorf mit der 2. Auflage des 2016 im utb-Verlag erschienenen Werkes „Strafprozessrecht“ deutlich machen. Das Buch kostet im Buchhandel derzeit 19,99 Euro und ist damit im unteren Preissegment anzusiedeln.

1. Vorbemerkungen

In der strafprozessrechtlichen Literatur gibt es eine ganze Reihe von (fortgeführten) Klassikern, die mittlerweile hohe Auflagenzahlen erreichen. Das Werk von Ostendorf ist mit der 2. Auflage noch recht jung und damit auch noch nicht sonderlich bekannt. Trotzdem sollte man auch neuen Werken eine Chance geben; auch diese haben schließlich das Zeug zum Klassiker.

Heribert Ostendorf ist ein inzwischen emeritierter Strafrechtslehrer aus Kiel und hat neben strafrechtlichen Publikationen auch umfangreich im Jugendstrafrecht und in der Kriminologie publiziert. Solche Einschläge merkt man dem Werk auch an, was jedoch kein Nachteil ist; eher im Gegenteil.

2. Inhalt

Nach einer kurzen Einführung in die Ziele und Grenzen des Strafprozesses (§§1-3 des Werkes) stellt Ostendorf kurz die Verfahrensprinzipien des Strafprozesses dar. Anschließend erfolgt (mittlerweile Standard in allen Lehrbüchern zu allen Rechtsgebieten) eine Darstellung der europäischen und internationalen Bezüge. Auch im Strafprozess gewinnen diese weiter an Bedeutung, obwohl dieser traditionell nationalstaatlich geprägt ist.

Anschließend orientiert sich der Autor am klassischen Gang des Strafprozesses, untergliedert also in Ermittlungs- Zwischen- und Hauptverfahren. Danach werden noch die Rechtsbehelfe erörtert. Zu guter letzter erfolgt ein geschichtlicher Rück- (Strafjustiz im sog. Dritten Reich) und ein Ausblick auf die Zukunft des Strafprozesses, insbesondere in Anbetracht der immer größer werdenden ökonomischen Zwänge.

Im Rahmen der einzelnen Verfahrensabschnitte erfolgt zunächst eine kurze Darstellung der Beteiligten und der wesentlichen Grundsätze des Strafverfahrens. Besonderen Raum nimmt in dem Werk im Rahmen des Ermittlungsverfahrens die Darstellung der Zwangsmittel ein, die etwa 50 Seiten des Werkes für sich beansprucht. Dieser Schwerpunkt scheint nicht nur aus Sicht der Praxis, sondern auch der Examensrelevanz sehr angemessen.

Auch die Darstellung der Hauptverhandlung folgt diesem Beispiel. Hier nimmt besonderen Raum die Darstellung des Beweisverfahrens ein. Auch dies ist Gegenstand zahlreicher Examensklausuren.

Bei den Rechtsmitteln wird besonders die Revision sehr ausführlich dargestellt, auch, weil bei der Berufung nur recht wenig problematisch ist. Praktisch sehr bedeutsam ist jedoch auch die Beschwerde, die zwar auch behandelt wird, allerdings nicht besonders ausführlich. Für das erste Examen mag dies zwar ausreichen, für das zweite Staatsexamen spielt jedoch die Revisionsklausur eine sehr große Rolle, die sich hier nicht widerspiegelt. Allerdings ist erklärtes Ziel des Werkes ja auch nicht, auf das 2. Staatsexamen vorzubereiten, sondern vielmehr einen Überblick über das Strafprozessrecht zu geben.

Sehr knapp wird dann auch der Deal abgehandelt, die aktuelle Rechtsprechung ist hierbei jedoch gut verarbeitet worden. Auch wegen der hohen Praxisrelevanz ist dies sehr lesenswert.

Den Schluss bilden schließlich der Aus- und Rückblick, was eine sehr
spannende und eher seltene Ergänzung darstellt, die das Werk gut abrundet.

3. Layout und Schreibstil

Das Werk bemüht sich um eine klare und gut verständliche Sprache. Schachtelsätze vermeidet Ostendorf genauso wie Stakkato. Insgesamt in sprachlicher Hinsicht ein gut lesbares und spannendes Buch.

Das Layout weiß ebenfalls zu überzeugen. Fette Hervorhebung sind spärlich und hilfreich, um wichtige Schlagwörter sofort zu erkennen. Hervorragend, wenngleich sicher Geschmackssache, sind die zahlreichen Übersichten als Diagramme. Diese ermöglichen es dem Leser, den Inhalt auf einen Blick und systematisch zu überblicken. Jedenfalls für den Verfasser dieser Rezension eine sehr gute Option.

Ebenso finden sich zahlreiche Tabellen, die das Wissen systematisieren und Zahlen und Fakten zum Text liefern.

Die Fußnoten sind angemessen (also nicht zu viel oder zu wenig) und können etwa für eine Hausarbeit hilfreich sein, wenn es auf weiterführende Literatur ankommt.

Die einzelnen Kapitel beginnen oft mit sehr knappen Fällen, die dann am Ende des Kapitels genauso knapp gelöst werden. Um die Anwendung einzuüben sind diese zwar sicher zu knapp, aber im Ergebnis stellt dies eine gute Ergänzung dar.

4. Fazit

Insgesamt ist das Werk von Ostendorf eine gute Bereicherung der bereits existierenden Klassiker des Strafprozessrechtes. Gerade für Freunde von Tabellen und Diagrammen sei das Werk wärmstens empfohlen, wenn man dafür auf den ein oder anderen (vielleicht überflüssigen) Fall verzichten kann.