- Einleitung
Neben alteingesessenen Standardwerken zur Zivilprozessordnung wie der Baumbach/Lauterbach, Thomas/Putzo, oder Zöller drängen auch jüngere Werke auf den Markt und in die Zitationen von Gerichtsentscheidungen und wissenschaftlichen Abhandlungen. Im Juni 2011 kam eine weitere Erläuterung zur Zivilprozessordnung hinzu: Der BeckOK ZPO.Der Kommentar aus der Verlagsreihe der Beck’schen Online-Kommentare erscheint ausschließlich in digitaler Form über die Fachdatenbank beck online des Verlags C.H. Beck und ist über dessen Fachmodule (beispielsweise Zivilrecht PLUS, Syndikus Zivilrecht oderJustiz 1)beziehbar. Aktuell liegt der BeckOK ZPOin der 32. Edition, Stand 01.03.2019 vor.
- Herausgeber und Autoren
Der BeckOK ZPOwird herausgegeben von Dr. Volkert Vorwerk,Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof und Honorarprofessor an der Leibniz-Universität Hannover, undDr. Christian Wolf,Universitätsprofessor an der Leibniz-Universität Hannover. Die Autoren sind ausgewiesene Experten des Zivilverfahrensrechts mit zahlreichen Veröffentlichungen sowie Lehr- und Forschungstätigkeiten im Zivilverfahrensrecht. Neben dem BeckOK ZPO sind sie Herausgeber des Wolf/Vorwerk, Kommentar zum KapMuG (2007, 2. Auflage für 2020 geplant) sowie des Hannover’schen ZPO-Symposiums (gemeinsam mit der NJWund der Rechtsanwaltskammer Celle).
Der Bearbeiterkreis verspricht höchste fachliche Qualität und eine sowohl praxisgerechte als auch wissenschaftliche Kommentierung. Die Anzahl der Kommentatoren ist noch überschaubar und gewährleistet somit einerseits eine inhaltlich mit den Kommentierungen anderer Abschnitte abgestimmte, andererseits aber auch eine jeweils fundierte und tiefgreifende Erläuterung. Positiv hervorzuheben ist die Dichte an Praktikern, insbesondere (ehemaligen) BGH-Richtern und -Anwälten.
Im Einzelnen haben bearbeitet:
Dr. Susanne Augenhofer, LL.M., Universitätsprofessorin Universität Erfurt (§§ 609 – 610, 613 – 614)
Dr. Ivo Bach, Universitätsprofessor Universität Göttingen (§§ 328 – 329, 355 – 372a, 722 – 723)
Dr. Klaus Bacher, Richter am BGH (§§ 253 – 299a, 321a)
Harald Bechteler, Rechtsanwalt, München (§§ 445 – 455, 478 – 484)
Josef Dörndorfer, Rechtspflegedirektor a.D. (§§ 166 – 195, 688 – 703d)
Dr. Wolf-Dieter Dressler, Vors. Richter am BGH a.D. (§§ 59- 77)
Dr. Oliver Elzer, Richter am KG (§§ 300 – 321)
Uwe Fischer, Vizepräsident des LG Zweibrücken (§§ 348 – 350)
Dr. Wolfgang Fleck, M.St., Lehrbeauftragter Universität Ulm, Wiss. Mitarbeiter Universität München (§§ 578 – 591, 803 – 807)
Anja Forbriger, Diplom-Rechtspflegerin (§§ 808 – 827)
Dr. Urs Peter Gruber, Universitätsprofessor Universität Mainz (§§ 322 – 327)
Dr. Jan Felix Hoffmann, Universitätsprofessor Universität Freiburg (§§ 794 – 802)
Dr. Gerbert Hübsch, Richter am BGH a.D. (§§ 50 – 58)
Dr. Kai Jaspersen, Präsident des LG Rostock (§§ 91 – 113, 214 – 229, 239 – 252)
Dr. Sibylle Kessal-Wulf, Richterin des BVerfG, Vors. Richterin am BGH a.D. (§§ 542 – 566)
Dr. Alexander Krafka, Notar, Honorarprofessor Universität Passau (§§ 415 – 444)
Claus Kratz, Vors. Richter am OLG Zweibrücken (§§ 122 – 127, 490 – 494a, 592 – 605a)
Prof. Dr. Peter Kreutz, Privatdozent und Akademischer Oberrat a.Z., Universität Augsburg, im WiSe 2018/2019 Gastprofessur an der FU Berlin (§§ 946 – 959)
Dr. Gesa Lutz, Vors. Richterin am LG München I (§§ 606 – 608, 611 – 612 )
Herbert Mayer, Richter am BGH a.D. (§§ 916 – 945b)
Dr. Andreas Piekenbrock, Universitätsprofessor Universität Heidelberg (§§ 78 – 90)
Dr. Nicola Preuß, Universitätsprofessorin Universität Düsseldorf (§§ 766 – 793)
Gerhart Reichling, Vors. Richter am OLG Zweibrücken (§§ 114 – 121)
Ernst Riedel, Diplom-Rechtspfleger (§§ 828 – 882)
Silke Scheuch, Rechtsanwältin beim BGH (§§ 373 – 414)
Dr. Dirk von Selle, Richter am BGH (§§ 128 – 144)
Dr. Michael Stürner, Richter am OLG Karlsruhe, Universitätsprofessor Universität Konstanz (§§ 883 – 898)
Dr. Reinhold Thode, Richter am BGH a.D., Honorarprofessor Universität Konstanz (§§ 1067 – 1109)
Dr. Guido Toussaint, Rechtsanwalt beim BGH (§§ 12 – 40, 330 – 347, 495 – 510b)
Dr. Bernhard Ulrici, Rechtsanwalt,Leipzig, Privatdozent Universität Leipzig (§§ 704 – 721a, 724 – 765a)
Dr. Norbert Vossler, Vors. Richter am KG (§§ 41 – 49)
Dr. Holger Wendtland, Richter am OLG Brandenburg, Honorarprofessor Universität Frankfurt/Oder (§§ 1 – 11, 145 – 165, 230 – 238)
Dr. Stephan Wilske, Rechtsanwalt, Stuttgart/Dr. Lars Markert, LL.M., Rechtsanwalt, Tokio (§§ 1042 – 1065)
Dr. Christian Wolf, Universitätsprofessor Universität Hannover/ Dr. Nassim Eslami, Richterin, VG Hannover (§§ 1025 – 1041, 1066)
Wilfried Wulf, Rechtsanwalt, Karlsruhe (§§ 511 – 541, 567 – 577)
III. Äußere Darstellung
Der BeckOK ZPOerscheint in vierteljährlichen Editionen. Diese hohe Aktualität stellt somit einen großen Vorteil gegenüber den im Print erscheinenden Kommentaren dar. So war bereits kurz nach Inkrafttreten des Musterfeststellungsverfahren am 01.11.2018 eine Kommentierung zu dem neuen Rechtsinstitut online. Zwar stellen viele andere ZPO-Kommentare neben ihren Printversionen zusätzlich eine Online-Version zur Verfügung, eine quartalsweise Aktualisierung wie im Fall des BeckOK ZPOist jedoch einmalig.
In seiner optischen Darstellung entspricht der Kommentar der typischen Gestalt aus der Reihe der Beck’schen Online-Kommentare. Die Zitationen sind in den Fließtext eingearbeitet. Dies kann zwar an der ein oder anderen Stelle den Lesefluss stören, andererseits verleitet es aber auch nicht um ständigen Nachschauen in den Fußnotenapparat. Die Fußnoten im Fließtext sind aber auch nicht überladen und beschränken sind oft auf Rechtsprechungsnachweise oder anderweitige Ansichten.
Die Benutzeroberfläche des BeckOK ZPO ist übersichtlich und ansprechend gestaltet. Die Fundstellen von Rechtsprechung und Literatur sind mit anderen in beck online verfügbaren Werken (Kommentare, Handbücher, Entscheidungskarteien, Zeitschriften) verknüpft. Je nach gebuchtem Modul ist eine direkte Verknüpfung mit der NJW, den Münchener Kommentaren oder oder weiteren ZPO-Kommentierungen ein großes Plus.
Typisch für die Beck’schen Online-Kommentar ist die Drei-Ebenen-Darstellung mit Überblick-, Standard- und Detailebene. Dieses Prinzip ist zwar schon teilweise von Großen Lehrbüchern der Verlagsreihe „Große Lehrbücher“ wie beispielsweise Larenz/Canaris, Schuldrecht AToder Baur/Stürner, Sachenrechtbekannt, bekommt diese Funktion doch gerade online noch eine besondere Bedeutung zu. So lässt sich die Detailebene nur bei Bedarf durch einen Mausklick öffnen, für eine tiefere Recherche, stört aber eingeklappt nicht beim Überfliegen der Kommentierung.
Auf der Verlags-Homepage heißt zu es den Ebenen:
„Die Überblickebene enthält eine Kurzerläuterung der Vorschriften und dient der ersten Orientierung.
In der Standardebene werden die Vorschriften umfassend erläutert, wobei gerade auf die richterliche und anwaltschaftliche Praxis und die dort auftretenden Rechtsfragen besonders Bezug genommen wird.
Weitere Details finden sich in der dritten Ebene, die bei Bedarf geöffnet werden kann.“
- Inhaltliche Analyse
Auch inhaltlich muss sich der Kommentar, der sich im Gegensatz zu manch anderen Kommentaren ausschließlich Kommentierungen zur ZPO befasst, nicht verstecken. Wegen seiner bereits angesprochenen Aktualität konnte bereits mit der 31. Edition 01.12.2018 eine umfassende Kommentierung des neuen Musterfeststellungsverfahren eingearbeitet werden. Verfasser des Abschnitts sind Prof. Augenhofer und die Vorsitzende Richtern am Landgericht Lutz. Letztere ist als langjährige Vorsitzende Richterin in Kammern für gewerblichen Rechtsschutz oder auch Kartellschadensrecht hat Lutzmaßgeblich Erfahrung mit sog. Sammelklagen und gehörte auch zu den zum Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer zivilprozessualen Musterfeststellungsklage im Bundestag Stellung nehmenden Rechtsexperten.
Besonders positiv hervorzuheben sind insbesondere die Kommentieren von Bacher zu den §§ 253 ff., von Toussaint zum Versäumnisverfahren und der Titel Ladungen, Termine und Fristenvon Jaspersen. Die Autoren beschränken sich nicht lediglich das Meinungsbild wiederzugeben, sondern setzen sich selbst problembewusst und meinungsstark mit der Materie auseinander.
Beispielhaft sei der Meinungsstreit im Rahmen des § 335 Abs. 1 Nr. 2 ZPO angeführt, der nach der wohl herrschenden Meinung nur in Fällen „echter“ Säumnis anwendbar sein soll. Toussaintstellt sich in seinen Ausführungen frisch und nachvollziehbar gegen diese Auffassung und sorgt nicht nur hierbei für einen moderne Kommentierung.
Auf überbordende Ausführungen zu veralteten Meinungsstreitigkeiten wird in den Erläuterungen ebenso verzichtet wie auf überfrachtende Literaturangaben. Auch zu den einzelnen Abschnitten finden sich keine vorangestellten Literaturverzeichnisse, die heutzutage wegen der Möglichkeiten der Online-Recherche ohnehin weitgehend obsolet sind und daher auf wenige prägende Aufsätze in Festschriften oder Monographien beschränkt bleiben können.
Positiv hervorzuheben sind auch die regelmäßig am Ende der Kommentierung verfassten Erläuterungen zu Kosten und Gebühren (siehe z.B. § 253 Rn. 92 oder § 269 Rn. 34) und die überwiegend in der Detailebene platzierten Formulierungsbeispiele wie etwa gerichtlichen Entscheidung nach einem Einspruch gegen ein Versäumnisurteil (§ 343 Rn. 5) oder zur vorläufigen Vollstreckbarkeit (z.B. § 709 Rn. 8.1).
Nachteilig ist zum einen die Bindung an die eingangs genannten Online-Module. Hier wäre mehr Flexibilität wünschenswert gewesen. Zum anderen wären allgemeine Einleitungen zu Beginn der Kommentierung oder auch vor den jeweiligen Büchern oder wichtigen Abschnitten der ZPO als Vorbemerkung begrüßenswert gewesen.
- Fazit
Der BeckOK ZPO wartet dank seiner vierteljährlich neu erscheinenden Editionen mit hoher Aktualität auf.Gerade seine ausschließliche Online-Verfügbarkeit macht ihn so aktuell und so wertvoll. Hinzu kommt seine Verknüpfung mit anderen digitalen Angeboten der Beck’schen Verlagsgruppe wie der NJW oder den Münchener Kommentaren. All dies bietet einen hohen zeitlichen Gewinn bei der Recherche. Der BeckOK ZPOist ein Praktikerkommentar, lässt aber auch tiefgreifende wissenschaftliche Recherchen zu. Er ist praxisgerecht, aber auch wissenschaftlich fundiert. Eine spezielle Zielgruppe lässt sich daher nicht definieren, da er für Rechtsanwälte, Wissenschaftler und Richter gleichermaßen wertvoll ist. Auch Studenten steht der BeckOK ZPO über die Campuslizenzen ihrer Fakultäten zur Verfügung, die teilweise auch vom heimischen Arbeitsplatz genutzt werden können und somit eine zügige und komfortable Recherche garantieren.
Der BeckOK ZPO hat sich in kurzer Zeit zu einem geschätzten und unverzichtbaren Hilfsmittel für den mit dem Zivilprozessrecht befassten Juristen entwickelt.